Aufklärung über die Diagnose
Warum ist die Aufklärung über die Diagnose wichtig?
Die meisten Menschen mit Demenz und ihre An- und Zugehörigen möchten über die Diagnose informiert werden. Mehr als 90% der Personen ohne kognitive Beeinträchtigung wünschen sich, über die Diagnose informiert zu werden, falls sie eine Demenz entwickeln. Bei Personen, bei denen bereits eine Demenz diagnostiziert wurde, liegt dieser Anteil bei 84%. Interessant ist, dass nur 74% der pflegenden Angehörigen wünschen, dass die Person mit Demenz über die Diagnose informiert wird.
Die Hauptgründe für eine positive Einstellung gegenüber der Aufklärung sind die Möglichkeit zu planen, eine angemessene Behandlung zu erhalten, Informationen zu erfahren und Lösungsstrategien zu erwerben. Die wichtigsten Einwände gegen die Aufklärung sind, dass sie Angst oder Depressionen auslösen kann und dass das Wissen um die Diagnose keine Vorteile bringt.
Es besteht jedoch eine deutliche Kluft zwischen den Wünschen der Menschen mit Demenz nach Mitteilung der Diagnose und dem Verhalten der Ärzte und Ärzt:innen. Rund 50% der Mediziner:innen verschweigen die Diagnose Demenz in der Regel. Wichtige Gründe für das Zögern der Ärzte und Ärzt:innen, die Diagnose mitzuteilen, sind mangelndes Vertrauen in die eigenen diagnostischen Fähigkeiten, die Befürchtung, dass die Person mit Demenz die Diagnose nicht versteht, die Sorge, der Person mit Demenz zu schaden und die Ansicht, dass es keine wirksame Behandlung gibt.
Nicht nur die rechtzeitige Diagnose, sondern auch die rechtzeitige Aufklärung hilft Menschen mit Demenz, Entscheidungen zu treffen und ihre Lebensqualität zu erhalten.
Welche Faktoren beeinflussen die Aufklärung?
Menschen mit Demenz können sich oft nicht daran erinnern, auch wenn sie informiert wurden. Das liegt nicht nur an den kognitiven Beeinträchtigungen, sondern auch an mangelnder Klarheit der Kommunikation, einem zu technischen Sprachstil, Überfrachtung mit Informationen oder emotionaler Überforderung auf Seiten der Ärzte und Ärztinnen. Bei der Aufklärung über die Diagnose muss berücksichtigt werden, inwieweit die Person die Informationen verstehen kann, was sie bereits über ihre Krankheit weiß, was sie wissen möchte und was nicht.
Menschen mit Demenz sind sich ihrer Diagnose oft nicht bewusst, auch wenn sie darüber informiert wurden.
Beispiele: Erfahrungen von Menschen mit Demenz mit der Aufklärung
Emilie: „Die Diagnose wurde mir beim zweiten Besuch mitgeteilt. Es war wichtig für mich, dass mich der Arzt gefragt hat, ob ich allein sein möchte oder ob meine Familie dabei sein soll.“
Daniel: „Ich konnte ein paar Fragen stellen, das war hilfreich. Ich hatte Probleme, genau zu verstehen, was der Arzt gesagt hat. Ich wünschte, er hätte eine einfachere Sprache benutzt.“
Peter: „Ich konnte es nicht glauben, als mir die Ärztin die Diagnose mitteilte. Es hat einige Zeit gedauert, bis ich es verarbeitet habe. Es war gut, dass sie gemerkt hat, wie schockiert ich war. Sie sagte, ich könne wiederkommen und über alles mit ihr sprechen, sobald ich dafür bereit bin.“
Beispiele: Erfahrungen von Fachleuten mit der Aufklärung
Viktor (Allgemeinarzt):
„Am Anfang meiner Laufbahn als Allgemeinarzt war ich sehr unsicher, wie ich die Diagnose „Demenz“ mitteilen soll. Vor allem, weil ich ja keine Heilung in Aussicht stellen konnte und weil ich die Menschen mit Demenz nicht noch mehr verunsichern wollte. Aber im Laufe der Zeit habe ich meine Fähigkeiten zur Aufklärung verbessert.“
„Ich nehme mir immer mindestens 20 Minuten für die Aufklärung Zeit und spreche die Diagnose auch beim zweiten Besuch noch einmal an.“
„Vor dem Aufklärungsgespräch versuche ich etwas über die Vorgeschichte, das Vorwissen und die Erwartungen der Patient:innen zu erfahren.“
„Ich beginne das Aufklärungsgespräch mit den Worten: Hier sind die Ergebnisse der Untersuchungen. Sie können die Schwierigkeiten erklären, die Sie bemerken“.
„Ich spreche die Gefühle an, die auftreten, nachdem ich die Diagnose mitgeteilt habe. Zum Beispiel sage ich: Ich verstehe, das sind keine guten Nachrichten für Sie“.
„Ich stelle mich darauf ein, die Fragen der Patient:innen und der Familie zu beantworten.“
„Ich biete zusätzliche Besuche an und empfehle Spezialist:innen für die Behandlung.“
Wie informiert man über die Diagnose Demenz?
Die Aufklärung über die Diagnose muss sehr individuell gestaltet werden, unter Berücksichtigung des bereits vorhandenen Wissens (einschließlich von Missverständnissen und Vorurteilen), der Informationsbedürfnisse und des Gemütszustandes der Person. Sie erfordert ein hohes Maß an Gesprächsführung. Die Aufklärung über die Diagnose sollte nicht an einem einzigen Termin erfolgen, an dem die gesamte Information auf einmal vermittelt wird. Besser ist es, sie als stufenweisen Prozess zu organisieren.
Vorbereitung
- Fragen Sie die Person, ob sie ihre Diagnose erfahren möchte und ob auch ihre Angehörigen informiert werden sollen.
- Erkundigen Sie sich nach Vorwissen, Überzeugungen und Einstellungen gegenüber der Diagnose.
- Machen Sie sich ein Bild von den Annahmen der Person durch Fragen wie „Was glauben Sie ist der Grund für die Veränderung Ihres Gedächtnisses?“ oder „Welche Ergebnisse erwarten Sie von den Tests?“
Informationsbedürfnisse erfüllen
- Verwenden Sie einen nicht-technischen Sprachstil, den die Person mit Demenz verstehen kann.
- Informieren Sie umfassend, auch über bestehende Unsicherheiten, Behandlungsformen, Unterstützungsmöglichkeiten und Zukunftsaussichten.
- Gewähren Sie Zeit für Fragen.
- Fragen Sie nach, um sicher zu stellen, dass die Informationen angekommen sind.
- Geben Sie der Person und den Angehörigen zusätzliches schriftliches Material.
Emotionale Bedürfnisse erfüllen
- Zeigen Sie Verständnis, indem Sie beispielsweise sagen: "Ich weiß, dass dies eine unangenehme Nachricht ist."
- Bewahren Sie die Hoffnung, indem Sie deutlich machen, dass viele Fähigkeiten erhalten bleiben, anerkannt und genutzt werden müssen.
- Ermutigen Sie zur Auseinandersetzung mit der Diagnose und zur Planung der Zukunft.
- Bestätigen Sie Ihre Beteiligung an der weiteren Betreuung.
- Verwenden Sie den Begriff „Demenz“ mit Vorsicht; erklären Sie gegebenenfalls die medizinische Bedeutung des Wortes.
Quellen und weiterführende Literatur
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